Das Wasser platscht an den Bug unserer Segelyacht, die bedenklich schief im Wasser liegt. Vor einigen Minuten habe ich mir meine Rettungsweste aus der Koje geholt. Gemeinsam mit meiner Freundin Tina stehe ich auf der Seitenwand der zweiten Sitzbank und hoffe, dass der Wind bald nachlässt, während sich mein Mann und mein Bruder wie kleine Kinder freuen, dass wir endlich “richtig” segeln. Worauf habe ich mich hier eingelassen? Als mein Bruder mir von der Idee eines Segelurlaubes im Ionischen Meer erzählte, hatte ich sofort sonnige Bilder im Kopf: vom Schnorcheln in türkisblauen Buchten und vom gepflegten Entspannen auf dem Vordeck. Im Moment sieht die Realität jedoch ganz anders aus.

Seit zwei Tagen sind wir vier mit der “Anemos” unterwegs. Im Hafen Lefkas haben wir Samstag Nachmittag unser schwimmendes Zuhause bezogen. Seither ist viel passiert. Wir mussten lernen, das Schiff zu steuern, richtig an- und abzulegen und die Segel zu setzen. Jedes Mal, wenn ich die Stricknadeln oder meine Zeitschrift gerade in die Hand genommen hatte, war dem Captain auch schon wieder eine neue Aufgabe eingefallen. Legen wir nicht im Hafen an, müssen wir zudem jeden Tag drei Mahlzeiten für vier erwachsene Menschen aus dem Ärmel schütteln. Kein Wunder also, dass wir nach all der Bewegung und frischen Luft nachts wie Steine in unsere Kojen fallen!

Was ich noch nicht weiß in dem Moment, in dem mir das Segeln zum ersten Mal den Angstschweiß auf die Stirn treibt: ich werde es lieben lernen. Und meinen Bruder in den kommenden fünf Tagen öfter fragen, ob wir nicht nochmal so “schief fahren” könnten. Ich werde dankbar sein für all die unvergesslichen Erlebnisse und die Nähe zur Natur, die man sonst nur beim Camping erlebt. Für den morgendlichen Sprung ins kühle Nass verzichtet man schließlich auch mal ein paar Tage auf Duschbad und Shampoo. Und lernt all das wieder schätzen, was einem im Alltag selbstverständlich vorkommt: eine anständige Dusche, ein Essen im Restaurant und festen Boden unter den Füßen.

Zum Schnorcheln in türkisblauen Buchten und Entspannen auf dem Vordeck bleibt letztendlich auch noch Zeit – ebenso wie für entspannte Abendessen in kleinen Tavernen und Stadterkundungen. Doch lustigerweise zieht es uns alle spätestens nach einem halben Tag zurück aufs Schiff. Wir wollen weiter, neue Inseln entdecken, uns den Wind um die Nasen wehen lassen und vor allem eines: “schief fahren”, während aus den Lautsprechern der Soundtrack zu “Fluch der Karibik” dröhnt. Denn so fühlt sich Freiheit an.

Kosten: Eine Woche kostet inklusive Hinflug von Deutschland und Verpflegung etwa 1000 Euro. Nicht gerade günstig, aber das einmalige Erlebnis ist es auf jeden Fall wert!

Was man braucht: In der Crew sollte wenigstens ein erfahrener Skipper mit Sportbootführerschein sein. Es schadet natürlich nicht, wenn noch andere Mitglieder Segelerfahrung mitbringen, dies ist aber keine Vorraussetzung.

Segelboot ausleihen: Gerade am Ionischen Meer gibt es viele Charterunternehmen. Die “Anemos” liehen wir bei IYC, einem kleinen Familienunternehmen, das ich wärmstens empfehlen kann.

Hinkommen: Flieger nach Preveza starten von verschiedenen deutschen Flughäfen, wir flogen mit Condor von Frankfurt. Von Preveza braucht man mit dem Taxi etwa eine halbe Stunde nach Lefkas.

Ich wünsche euch einen erfolgreichen Wochenstart!

Eure