Wer kennt’s? Frühmorgens vor dem Kleiderschrank stehen und sich denken “Ich habe nichts zum Anziehen” – dabei ist der Schrank übervoll. Oder: wahllos shoppen gehen oder online bestellen, sich ärgern, dass man es nicht trägt und im schlimmsten Fall wirft man es weg. Die Capsule Wardrobe wirkt genau dem entgegen. Warum?” Das erfahrt ihr in der Podcast-Folge, die meine liebe Freundin und talentierte Fotografin Sophie Valentin mit mir aufgenommen hat. Ich durfte zum zweiten Mal in einem Podcast zu Gast sein und es hat mir mega viel Spaß gemacht!

Capsule Wardrobe mit grafischen Mustern in Herbsttönen

Sophie Valentin: Ich habe Laura Hertel in ihrem Atelier im Leipziger Osten besucht. Laura ist Modedesignerin und Gründerin vom Label Schleifenfänger. In ihrem Atelier fertigt sie zusammen mit ihrem Team liebevolle Brautkleider an. Laura hat außerdem den Blog Tagtraeumerin.de und bietet dort ihren Online Kurs zum Thema Capsule Wardrobe an. Genau darüber wollen wir heute sprechen.

S: Herzlich Willkommen zu einer ersten Spezialfolge meines Podcasts “Fotografie für nachhaltige Marken”. Mein Name ist Sophie Valentin und ich freue mich heute besonders auf die Folge, denn ich begrüße eine langjährige Freundin von mir und das ist die liebe Laura. Wie schön, dass du heute da bist. Hallo, Laura!

Laura Hertel: Danke, dass ich da sein darf. Hallo, Sophie!

moderne Brautmode aus Leipzig

Mein Label Schleifenfänger

S: Wir kennen uns vom Studium, also jetzt fast schon 10 Jahre, richtig? Laura hat Modedesign studiert und anschließend 2014 ihr wunderschönes Brautmodelabel Schleifenfänger gegründet. Meine erste Frage, Laura: Warum hast du Schleifenfänger gegründet?

L: Ja, das ist eine gute Frage. Tatsächlich habe ich mich gar nicht unbedingt in der Brautmode gesehen – also während des Studiums oder so. Aber ich habe 2013 mein eigenes Brautkleid genäht und gemerkt, dass es das, was ich schön fand und mochte, gar nicht gab. Hinzu kam noch, dass ich sehr groß bin und mir Sachen von der Stange eh immer nicht so gut gepasst haben. Dann habe ich mein Brautkleid wie gesagt selbst geschneidert und gemerkt, dass das etwas sein könnte, was auch für andere interessant ist. Ich habe auch superschönes Feedback von anderen erhalten, wo man denn so etwas kaufen kann und was das für ein Brautkleid ist. Also habe ich gedacht, ich probiere das einfach mal und mein Brautmodenatelier Schleifenfänger Anfang 2015 eröffnet.

S: Auch wenn ich dein Label sehr liebe, wollen wir heute in dieser Folge gar nicht so intensiv darauf eingehen, sondern auf ein anderes Thema. Laura, du bist schon seitdem du 17 bist erfolgreiche Bloggerin mit deinem eigenen Blog Tagträumerin. Welche Idee oder Motivation steckte damals dahinter, deinen Blog Tagträumerin ins Leben zu rufen?

L: Erfolgreiche Bloggerin – danke für die Blumen! Tatsächlich war das einfach ein Ausprobieren. Die Blogs steckten ja damals echt noch in den Kinderschuhen. Ich hatte bei Flickr, das war so eine Fotoplattform, immer meine Outfits geteilt und gedacht, ich würde gerne noch mehr dazu schreiben, ich würde gerne Sachen mehr kombinieren oder auch über DIYs berichten. Dadurch habe ich das Format Blog entdeckt und dachte, ich probiere das mal aus. Mein Bruder ist Informatiker, der hat mir das damals alles aufgesetzt und dann ging es los mit dem Blog.

S: Durch den Blog hast du ja mittlerweile auch einige Nähbücher geschrieben, zum Beispiel 1 Schnitt 10 Kleider*.

L: Ja, genau, wo du die schönen Fotos gemacht hast!

S: Deshalb habe ich das jetzt nicht angesprochen, aber um einfach denjenigen, die zuhören, einen Einblick zu geben, was alles auf deinem Blog passiert und was du anderen dort mitgibst.

L: Genau. Ja, die Nähbücher waren auf jeden Fall auch ein ganz tolles Projekt. Dann hat sich die letzten Jahre – auch mit meinem eigenen busy Leben mit dem Laden und so weiter – der Fokus ein bisschen vom Nähen wegbewegt. Einfach, weil ich auch selber gar nicht mehr so viel zum Nähen meiner eigenen Sachen kam, ehrlich gesagt. Es ging dann immer mehr Richtung Kleiderschrank, Kombinieren, Outfits, nachhaltige Mode.

S: Super Aufhänger, jetzt kommen wir nämlich zum eigentlichen Thema. Unter dem Synonym “Tagtraeumerin” hast du vor 3 Jahren den Onlinekurs zum Thema Capsule Wardrobe herausgebracht. Mittlerweile ist es ja so, dass viele Labels keine wechselnden Kollektionen mehr rausbringen, sondern auf ihre Capsules aufbauen (Givn Berlin oder Salzwasser sind da sehr schöne Beispiele) und ich habe mir deshalb gedacht, ich lade dich heute als Expertin ein, um das Capsule Wardrobe System einmal vorzustellen. Deshalb meine nächste Frage, für alle diejenigen die zuhören und davon noch nie etwas gehört haben: Was bedeutet Capsule Wardrobe?

L: Capsule Wardrobe bedeutet eigentlich, ich habe eine begrenztere Auswahl. Man sagt immer 20 bis 40 Teile, wobei jeder das selbst für sich auslegt und definiert. Ich wähle die Teile wirklich nach Gesichtspunkten aus wie Nachhaltigkeit, wie lange kann ich die Sachen tragen, wie vielfältig kann ich sie kombinieren etc. Dafür gibt es auch meistens ein einheitliches Farbschema und eine ausgewählte Muster- und Materialpalette, so dass ich das meiste aus den Teilen herausholen kann und sie in der jeweiligen Saison so vielfältig wie möglich kombinieren kann.

Aufgeräumter Kleiderschrank

Capsule Wardrobe zusammenstellen

S: Ich erinnere mich noch: wir waren zusammen im Lene-Voigt-Park hier in Leipzig unterwegs, als du mir von der Idee erzählt hast, einen Capsule Wardrobe-Onlinekurs anzubieten. Damals wusste ich noch gar nicht, was das ist, weil ich mich selbst noch nicht damit beschäftigt hatte. Ich fand aber die Idee großartig und durfte dann sogar an deiner Testversion teilnehmen, wovon ich bis heute noch zehre – dazu später mehr. Wie bist du denn auf die Idee gekommen, dass du so einen Onlinekurs anbietest?

L: Ich glaube, das kam durch den Blog. Das Thema Capsule Wardrobe habe ich selbst für mich entdeckt und gedacht: Ach cool, das ist ja mega! Ich liebe Mode, ich liebe es, Sachen zu kombinieren, aber irgendwann war es mir auch einfach alles zu viel. Ich hatte zu viel im Schrank, ich wusste nicht, wie ich es kombinieren soll – dieses typische “Viele Sachen, nichts zum Anziehen!”. So habe ich das Thema selbst für mich entdeckt und im Blog vertieft. Schließlich habe ich gedacht, es wäre cool, das Ganze auch noch anderen Leuten zu vermitteln. Ich habe überlegt, wie ich die meisten Menschen erreichen könnte und bin bei einem Onlinekurs herausgekommen. Ich habe nur begrenzt Zeit, habe ja auch noch den Laden und da schon viele Kundentermine und dachte, online wäre super. Dann habe ich den Kurs aufgebaut und beworben. Zuerst lief er über eine externe Plattform und mittlerweile auf meinem eigenen Webspace.

S: Sehr cool, es ist wirklich ein schöner Mehrwert. Wenn du magst, kannst du uns ja gern mal erzählen, wie so ein Onlinekurs abläuft.

L: Ja, gerne. Momentan ist es so, dass der Kurs die ganze Zeit geöffnet ist, das heißt man kann sich einfach hier anmelden, wenn man Lust und Zeit hat. Angelegt ist es als 6-Wochen-Programm, das klingt jetzt erstmal viel, aber der Aufwand pro Woche hält sich in Grenzen. 2 bis 4 Stunden pro Woche sollte man ca. einplanen. Dafür ist man danach wirklich für längere Zeit gut aufgestellt, weil man einfach weiß: Was steht mir? Was gefällt mir?

L: Es geht los mit der Moodboard-Erstellung, dann schaut man über ein Kleiderschrank-Tagebuch, was man wirklich trägt oder was vielleicht noch verbessert werden kann. Gibt es etwas, woran ich arbeiten möchte? Dann gebe ich ganz viele Tipps, wie man ergänzende Teile kauft, aber manche kaufen auch gar nichts, sondern suchen wirklich alles aus dem heraus, was sie schon haben. Man erstellt dann am Ende sozusagen erstmal eine begrenzte Auswahl für eine Saison und guckt mal, wie man damit klar kommt. Man muss die anderen Sachen auch nicht gleich wegwerfen oder aussortieren. Man kann den Rest auch erstmal einlagern und dann in der nächsten Saison wieder schauen: Was behalte ich? Was kombiniere ich neu? Tue ich ein paar Sachen für eine Weile weg, damit sie etwas von ihrem Zauber wiederbekommen? Das ist das Prinzip, dann geht es in die Tiefe. Man kann das Ganze zum Beispiel auch für das leidliche Thema Kofferpacken super verwenden, da gibt es ganz viel Potenzial.

Kleiderschrank Tagebuch erstellen

Sachen einfach reparieren

S: Sehr schön. Ich mag vor allem auch den Bereich “Reparatur”. Zu dem Thema gibst du ja auch gerade einen Kurs?

L: Genau, das wird mein nächster Onlinekurs – gemeinsam mit Selmin. Beim Thema Capsule Wardrobe ist ja das Nächste: Was mache ich, wenn mal eines meiner geliebten Teile kaputt geht? Man muss es ja nicht immer gleich ersetzen, man kann ja da auch ganz viel über Reparaturen lösen. Auch sichtbare Reparaturen sind spannend. Es gibt da ganz viel Potenzial. Das wird dann das nächste Thema.

S: Was ich gerne noch von dir wissen möchte – hast du Argumente gegen Einwände wie zum Beispiel: „Was ist, wenn mir die Teile nur 1 Jahre gefallen”?

L: Dem beugen wir zum Beispiel im Onlinekurs vor, indem wir einfach sehr genau analysieren, was dir gefällt und deinen Stil ausmacht. Ich denke, dadurch kann man das gut vermeiden. Ganz ehrlich: ich finde es immer gut, in langlebige Teile zu investieren – das kann ja genauso gut secondhand sein. Wenn man trotz bester Vorbereitung einmal merken sollte “Das ist jetzt nicht mehr mein Teil”, dann kann man so ein langlebiges Stück auch wieder auf die Reise schicken und weiterverkaufen oder bei einem Kleidertausch an eine Freundin weitergeben. Im Gegensatz zu einem Fast-Fashion-Teil, das schon nach 3 Wäschen auseinanderfällt.

Kleiderschrank aussortieren

Kleiderschrank aussortieren

S: Ich muss sagen, seitdem ich die Testversion deines Workshops mitmachen durfte, habe ich mich auch auf 40 Teile reduziert. Es funktioniert wirklich und ich ziehe das auch recht konsequent durch. Ich liebe es wirklich, vor allem das Einlagern war damals ein richtiger Game Changer für mich. Jetzt hole ich zu jeder neuen Saison meine Lagerboxen heraus und zehre davon. Was empfiehlst du, gerade, wenn man Teile aussortiert? Man sagt ja immer: Wenn du ein neues Teil kaufst, dann gib ein altes weg?

L: Davon bin ich jetzt ehrlich gesagt nicht so die Freundin. Wenn man ein neues Teil kauft, kann es ja auch die anderen in ein ganz neues Licht rücken und neue Kombinationen zulassen. In unserer Gesellschaft ist dieses regelmäßige Aussortieren sehr verbreitet, auch durch Marie Kondo. Ich finde den Ansatz gut, das zu behalten, was man liebt, aber es ist etwas inflationär geworden. Deswegen gehe ich andersherum an die Sache ran. Erst ein Konzept zu erstellen und zu schauen, was man wirklich braucht und will, anstatt erstmal alles herauszuhauen finde ich für mich den schöneren Ansatz. Die Menge muss man immer selbst entscheiden. Ich finde nicht, dass man eines wegwerfen muss, weil ein anderes dazu kommt. Generell ist der Gedanke der Capsule Wardrobe aber schon, dass es nicht zu viel wird und die Überforderung gering bleibt. Egal, ob man einen stressigen Alltag hat, ob man Mama ist oder anderweitig eine anstrengende, fordernde Zeit vor sich hat: die begrenzte Auswahl und das Wissen, welche Outfits man daraus bauen kann, macht es viel einfacher, sich früh anzuziehen.

S: Was ich auch einfacher finde, ist, wenn man weiß, welche Farben einem stehen. Dann geht man nicht so ziellos los und denkt sich “Ah ja, das finde ich gerade ganz schön”.

L: Ja, total! Es gibt ja immer irgendwelche Trendtöne, gerade sind das so Knallfarben. Manchmal kann es passieren, man kauft sich so ein Teil und findet es gerade irgendwie cool, aber wird es halt niemals tragen, weil es einfach nicht in die eigene Palette passt. Das finde ich auch total wichtig. Ich vertiefe mich da gerade noch mehr und mache bald eine Weiterbildung zur Farbberaterin.

Welche Farben stehen mir?

Was passt zu mir? Was lässt sich gut kombinieren?

S: Juhu, endlich!

L: Genau und ich will das Thema potenziell noch ein bisschen mehr einfließen lassen in den Kurs. Es gibt auf jeden Fall schon eine Lektion dazu, aber ohne dieses zu steife, altmodische Vier-Jahreszeiten-Modell zu gucken: Was passt zu mir? Was lässt sich gut kombinieren? Das finde ich schon sehr wichtig.

S: Schön, da freue ich mich drauf.

L: Ich mich auch!

S: Hand aufs Herz: Ziehst du deine Capsule Wardrobe durch?

L: Ja, schon! Ich wechsle wirklich nach Saison, aber habe seit ich angefangen habe damit auch viel weniger gekauft. Ich kaufe vielleicht 1, maximal 2 Teile pro Saison. Gerade mach ich tatsächlich eine No-Buy-Challenge – läuft tatsächlich auch richtig gut. Ich finde es total wichtig, zu überlegen, wie man die Sachen kombinieren kann. Ich folge auch ein paar Leuten bei Instagram, zum Beispiel Use less. Signe hat auch eine total schöne Capsule und immer sehr schöne Kombinationsideen. Sie schlägt zum Beispiel vor, dass man sich bei Pinterest Outfits heraussucht, die man dann nachkombiniert. Anstatt den ganzen Abend damit zu verbringen, in irgendwelchen Onlineshops nach neuen Teilen zu suchen, kann man ja auch nach Outfitinspirationen suchen, die man mit dem, was man schon hat, nachbauen kann. Das hat mich die ersten Monate dieses Jahres richtig gut durch die Challenge getragen und sehr inspiriert belassen, obwohl ich eben nichts neues gekauft habe.

Moodboard Kleiderschrank

S: Sehr inspirierend! Ich bin auch seit deinem Kurs sehr reflektiert im Einkaufen. So dass man, wenn man sich etwas Neues kauft, direkt im Laden überlegt: Brauche ich das wirklich? Passt das auch zu meiner Capsule?

L: Ja, das ist auch immer gut: zu schauen, ob es zu Sachen passt, die man schon hat. Für den Onlinekurs gibt es sogar einen kleinen Spicker, den man sich ausdrucken und in sein Portemonnaie mitnehmen kann zum nächsten Einkauf. Manchmal ist man in Rage oder man kauft, weil man sich unwohl fühlt oder traurig ist. Dann nochmal die Fragen durchzugehen (Passt das zu dem, was ich habe? Passt das zu meinen Farben?) ist glaube ich ganz hilfreich. Wenn man dann noch Ja sagt, kann man es auf jeden Fall machen.

S: Cool, sehr schön! Wir sind auch schon am Ende – das ging wahnsinnig schnell. Folgt auf jeden Fall der lieben Laura bei Instagram: @tagtraeumerin.de und @schleifenfaenger – und sag doch gern nochmal, wie man sich für deinen Onlinekurs anmelden kann!

L: Anmelden kann man sich zu meinem Kleiderschrank-Onlinekurs hier. Dort siehst du auch nochmal, was alles dabei ist, den Preis und kannst den Kurs direkt buchen. Ansonsten gibt es noch einen Newsletter von mir, in dem ich die Themen Kleiderschrank, Nachhaltigkeit und Capsule Wardrobe aufgreife und demnächst noch das Thema Reparieren etwas mehr vertiefen werde. Zum Newsletter kannst du dich hier anmelden. Wenn du dich anmeldest, erhältst du als Freebie meinen kostenlosen Capsule Wardrobe Planer.

S: Vielen Dank für deine Zeit und den interessanten Einblick! Ich bin gespannt auf Feedback und ob sich die Leute Gedanken über ihren Kleiderschrank machen.

L: Vielen Dank dir, danke, dass ich da sein durfte!

Kleiderschrank aussortieren